Eine der Biografien, die wir im Projekt bearbeiten werden, ist die Biografie des Sinto Anton Reinhardt. Geboren am 10. Juni 1927. In dem Dorf Weiden am Rande des Schwarzwaldes, wuchs Anton mit seinen Eltern Elvira und Ludwig Reinhardt und zwei Geschwistern relativ behütet auf. Nach dem frühen Tod des Vaters heiratete die Mutter den Sinto Johann Bühler. Wie alle deutschen Sinti geriet auch er in die Fänge des NS-Staates. Im August 1944 sollte er zwangsweise sterilisiert werden. In dem Alter, in dem die Schüler*innen heute sind. So versetzen sich die Jugendlichen in die Situation von Anton damals und versuchen sich im inneren Monolog. Vieles wird dadurch deutlich und greifbar.
Anton floh, legte eine Strecke von 100 Kilometern zu Fuß zurück, schwamm durch den Rhein und erreichte den schweizerischen Ort Koblenz im Kanton Aargau. Dort wurde er am 25. August 1944 verhaftet und in das Bezirksgefängnis in Zurzach eingeliefert. Trotz verzweifelter Bitten verbrachte ihn die schweizerische Polizei am 8. September 1944 zurück auf deutschen Boden. Anton Reinhardt wurde verhaftet, in das Sicherungslager Schirmeck-Vorbruck im de-facto-annektierten Elsass eingeliefert und befand sich im März 1945 im Lager Sulz, einem Außenlager des Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof. Es gelang ihm, zu fliehen, doch wurde er von einer Einheit des deutschen »Volkssturms« am 30. März 1945 ergriffen und von einem Standgericht zum Tode verurteilt. Am Morgen des 31. März 1945 musste er eine Grube ausheben, bevor SS-Hauptsturmführer Karl Hauger ihn mit einem Genickschuss tötete. Die einzige Gnade, die man Anton Reinhardt erwies, war das Schreiben eines Abschiedsbriefes.